In diesem Artikel ist eine kurze Zusammenfassung über die Phasenumwandlungen beim Erstarren und Abkühlen von Stahl gegeben.

Einleitung

Im Abschnitt Phasenumwandlungen im erstarrten Zustand wurden die Gefügeänderungen von Stählen während der Abkühlung ausführlich erläutert. Da diese sehr komplex sind, soll in diesem zusammenfassenden Artikel nochmals einen kurzen Überblick über die Gefügeumwandlungen gegeben werden. Ausführlichere Informationen finden sich im Artikel Phasenumwandlungen von Stählen im erstarrten Zustand (metastabiles System) wieder.

Überblick über die Gefügeentstehung von Stählen
Abbildung: Überblick über die Gefügeentstehung von Stählen

Erstarrungsprozess

Der eigentliche Erstarrungsprozess vollzieht sich bei Stählen unabhängig des Kohlenstoffgehalts wie bei einer Mischkristalllegierung. Dies zeigt sich im Phasendiagramm als typisch linsenförmiger Bereich zwischen Liquidus- und Soliduslinie. Der Kohlenstoff ist unmittelbar nach der Erstarrung vollständig im kubisch-flächenzentrierten γ-Eisengitter löslich. Diese Mischkristallverbindung von kubisch-flächenzentriertem Eisen und darin eingelagertem Kohlenstoff wird als Austenit bezeichnet.

Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für die Erstarrung der Schmelze
Abbildung: Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für die Erstarrung der Schmelze

Im erstarrten Zustand zeigt das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm das typisch liegende „K“ einer Kristallgemischlegierung, bei der die jeweiligen Komponenten ineinander unlöslich sind. Beachte, dass der Kohlenstoff im Eisengitter bei Raumtemperatur ja tatsächlich nahezu unlöslich ist. Die Phasenumwandlungen, die der Stahl im erstarrten Zustand erfährt, lassen sich deshalb in Kristallgemischlegierung betrachten. Die Phasenumwandlungen finden dabei allerdings im bereits erstarrten Zustand statt.

Phasenumwandlungen im erstarrten Zustand

Übereutektoide Stähle

Bei übereutektoiden Stählen mit einem Kohlenstoffgehalten größer als 0,8 % scheidet sich bei Unterschreiten der Löslichkeitsgrenze der Kohlenstoff in Form von Zementit an den Korngrenzen aus (Korngrenzenzementit). Dies führt folglich zu einer Verarmung an Kohlenstoff im verbleibenden Restaustenit. Die Verarmung schreitet schließlich solange voran, bis bei 723 °C der Restaustenit die eutektoide Zusammensetzung von 0,8 % Kohlenstoff erreicht hat.

Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für die Phasenumwandlung im erstarrten Zustand
Abbildung: Eisen-Kohlenstoff-Diagramm für die Phasenumwandlung im erstarrten Zustand

Nun beginnt sich bei konstanter Temperatur von 723 °C der kubisch-flächenzentrierte Restaustenit vollständig in die kubisch-raumzentrierte Ferritstruktur umzuwandeln. Der Kohlenstoff kann sich im Ferritgitter allerdings nicht mehr lösen. Deshalb scheidet sich der Kohlenstoff in Form von Zementitlamellen direkt aus dem Ferritgitter aus. Dieses eutektoide Phasengemisch aus Ferritkörnern mit den darin eingelagerten Zementitlamellen wird auch als Perlit bezeichnet.

Das Gefüge eines übereutektoiden Stahls besteht bei Raumtemperatur somit aus dem zuvor ausgeschiedenen Korngrenzenzementit und dem sich gebildeten Perlit.

Animation: Phasenumwandlung eines übereutektoiden Stahls

Untereutektoide Stähle

Bei untereutektoiden Stählen mit einem Kohlenstoffgehalten kleiner als 0,8 % scheidet sich bei Unterschreiten der Umwandlungslinie Ferrit aus dem Austenitgitter aus, da sich die kubisch-flächenzentrierte Austenitstruktur beginnt in die kubisch-raumzentrierte Ferritstruktur umzuwandeln.

Der Kohlenstoff kann wiederum im Ferritgitter nicht gelöst werden. Deshalb diffundiert der Kohlenstoff in das umliegende Austenitgitter ein, da dieser noch Kohlenstoff aufnehmen kann (untersättigter Zustand). Dies führt folglich zu einer Anreicherung an Kohlenstoff im verbleibenden Restaustenit. Die Anreicherung schreitet schließlich solange voran, bis bei 723 °C der Restaustenit die eutektoide Zusammensetzung von 0,8 % Kohlenstoff erreicht hat.

Nun beginnt sich aus dem Restaustenit wiederum das Perlit zu bilden (die Vorgänge bei der Perlitbildung sind unabhängig des Stahls grundsätzlich immer identisch).

Das Gefüge eines untereutektoiden Stahls besteht bei Raumtemperatur somit aus den zuvor ausgeschiedenen Ferritkörner und dem sich gebildeten Perlit.

Animation: Phasenumwandlung eines untereutektoiden Stahls

Eutektoide Stähle

Bei einem eutektoiden Stahl mit exakt 0,8 % Kohlenstoff besitzt der Austenit von vorne herein die eutektoide Zusammensetzung. Somit kann sich das Perlit ohne Ausscheidungsprozesse direkt aus dem Austenit bilden.

Das Gefüge eines eutektoiden Stahls besteht bei Raumtemperatur lediglich aus Perlitkörnern.

Beachte, dass sich das Gefüge des Stahls grundsätzlich immer aus den beiden Phasen Ferrit und Zementit zusammensetzt, unabhängig davon, ob es sich um einen untereutektoiden (unterperlitischen) Stahl oder um einen übereutektoiden (überperlitischen) Stahl handelt. Dies ist ja gerade das Merkmal des metastabilen Systems.

Animation: Phasenumwandlung eines eutektoiden Stahls

Zu welchen genauen Teilen sich ein Gefüge aus Perlit und Ferrit bzw. aus Perlit und Korngrenzenzementit zusammensetzt (Gefügeanteile), erläutern wir im Artikel Bestimmung der Gefügeanteile und Phasenanteile.