Wichtiger Anwendungsbereich
Im vorherigen Abschnitt wurden die Gleichungen für den polytropen Prozess hergeleitet:
\begin{align}\;\;\;\;\;
\label{2716}
\boxed{p~V^n=\text{konstant}} &~~\Rightarrow~~ \boxed{p_1~V_1^n=p_2~V_2^n} \\[5px]
\label{4375}
\boxed{T~V^{n-1}=\text{konstant}} &~~\Rightarrow~~ \boxed{T_1~V_1^{n-1}=T_2~V_2^{n-1}} \\[5px]
\label{7991}
\boxed{T^n~p^{1-n}=\text{konstant}} &~~\Rightarrow~~ \boxed{T_1^n~p_1^{1-n}=T_2^n~p_2^{1-n}} \\[5px]
\text{ mit: }~~ &n=0 ~~~\text{für isobraren Prozess} \nonumber \\
&n=1 ~~~\text{für isothermen Prozess} \nonumber \\
&n=\kappa ~~~\text{für isentropen Prozess} \nonumber \\
&n=\infty ~~~\text{für isochoren Prozess} \nonumber \\
\end{align}
Diese Polytropengleichungen (\ref{2716}) bis (\ref{7991}) können je nach Polytropenexponent \(n\) alle bisher betrachteten Spezialfälle wie der isobare (\(n=0\)), isotherme (\(n=1\)), isentrope (\(n=\kappa\)) und isochore Prozess (\(n=\infty\)) beschreiben. Zwar sind auch eine Vielzahl anderer Prozesse die nicht exakt isobar, isotherm, isentrop oder isochor ablaufen je nach gewähltem Polytropenexponent beschreibbar (siehe Abschnitt zuvor), dennoch gehorchen nicht alle Zustandsänderungen diesen Polytropengleichungen (z.B. der hier beschriebene Expansionsvorgang - fahre hierzu mit der Maus über die untere Abbildung, um diesen Prozess abzubilden).
Interaktive Abbildung: Polytrope Prozesse
Dennoch besitzen polytrope Prozesse vor allem im Exponentenbereich zwischen \(n=1\)=1 (isothermer Prozess) und \(n=\kappa\) (isentroper Prozess) große technische Bedeutung. Denn sehr viele thermodynamische Vorgänge laufen zwischen diesen Grenzfällen ab. Dies wird deutlich, wenn man sich den Ablauf dieser speziellen Prozesse genauer anschaut.
Als Beispiel wird die Kompression einer Luftpumpe bei geschlossen gehaltenem Auslassventil betrachtet. Wird die Kompressen (unendlich) langsam durchgeführt, so wird eine Temperaturerhöhung sofort wieder durch Wärmeabgabe an die Umgebung kompensiert. Die Temperatur des Gases wird sich bei diesem Vorgang nicht erhöhen. Die (unendlich) langsame Zustandsänderung stellt folglich ein isothermer Prozess dar.
Interaktive Abbildung: Isotherme Zustandsänderung
Wird die Kompression hingegen (unendlich) schnell vollzogen, so kann die Temperaturerhöhung nicht kompensiert werden, da dem System keine Zeit bleibt Wärme an die Umgebung abzuführen. Es findet während dieses Vorgangs also keine Wärmeabfuhr statt. Demzufolge handelt es sich bei der (unendlich) schnellen Zustandsänderung um einen isentropen Prozess [fahre hierzu mit der Maus über die obere Abbildung oder betrachte die untere Abbildung].
Interaktive Abbildung: Isentrope Zustandsänderung
In der Realität kann ein Vorgang jedoch weder unendlich langsam, noch unendlich schnell erfolgen, sodass der tatsächliche Prozess zwischen diesen beiden Grenzfällen verlaufen wird [fahre hierzu mit der Maus über die obere Abbildung oder betrachte die untere Abbildung]. Der Polytropenexponent wird folglich einen Wert zwischen 1 (isothermer Prozess) und \(\kappa\) (isentroper Prozess) aufweisen. Häufig beschränkt sich die Bezeichnung polytroper Prozess auf genau auf solche Prozesse im Bereich für \(n=1…\kappa\). Vor allem bei reibungsbehafteten Vorgängen wird die Zustandsänderung häufig mit einer Polytropen angenähert. Siehe hierzu auch das Kapitel Reibungsbehaftete Prozesse.
Abbildung: Wichtiger Anwendungsbereich für polytrope Zustandsänderungen