Erfahre in diesem Artikel wie sich das Verdunsten von Flüssigkeiten mit Hilfe der Maxwell-Boltzmann-Verteilung qualitativ erklären lässt.

Maxwell-Boltzmann-Verteilung von idealen Gasen

Die untere Abbildung zeigt die Geschwindigkeitsverteilung nach Maxwell-Boltzmann für die Teilchen eines idealen Gases. Vereinfacht gesprochen, gibt diese Verteilung zu jeder Geschwindigkeit (horizontale Achse) die entsprechende Anzahl an Teilchen wieder (vertikale Achse), die eine solche Geschwindigkeit aufweisen.

Geschwindigkeitsverteilung eines idealen Gases für verschiedene Temperaturen
Abbildung: Geschwindigkeitsverteilung eines idealen Gases für verschiedene Temperaturen

Großen Einfluss auf diese Verteilung hat dabei die Temperatur. Für größere Temperaturen sind die jeweiligen Kurvenverläufe in der Höhe gestaucht und in der Länge gestreckt. Es ergibt sich für höhere Temperaturen somit eine breitere Verteilung, mit entsprechend höheren Geschwindigkeitsanteilen. Dies entspricht der Tatsache, dass die Temperatur ein Maß für die Bewegungsenergie der Gasteilchen ist: Umso höher die Temperatur desto größer die Bewegungsenergie und damit Geschwindigkeit der Teilchen (siehe hierzu auch den Artikel Temperatur und Teilchenbewegung).

Das Kurvenmaximum verschiebt sich mit steigenden Temperaturen zu immer höheren Geschwindigkeiten!

Grundsätzlich sind alle Kurven dabei nach rechts offen, d.h. selbst bei noch so niedrigen Temperaturen finden sich aufgrund der Vielzahl ein Teilchen in einem Stoff mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch Teilchen mit extrem hohen Geschwindigkeiten wieder.

Selbst bei noch so geringen Temperaturen gibt es Gasteilchen die sehr hohe Geschwindigkeiten aufweisen!

Verdunstung

Wird dieser Sachverhalt von idealen Gasen nun qualitativ auf Flüssigkeiten übertragen, so bedeutet dies, dass sich auch unterhalb der Siedetemperatur stets Teilchen mit ausreichend hohen Geschwindigkeiten wiederfinden. Aufgrund der damit verbundenen hohen kinetischen Energie können diese Teilchen den Anziehungskräften der Flüssigkeit entkommen. Ein solcher Prozess wird als Verdunsten bezeichnet und läuft weit unterhalb der Siedetemperatur ab.

Schematische Darstellung eines Verdunstungsprozesses
Abbildung: Schematische Darstellung eines Verdunstungsprozesses
Animation: Schematische Darstellung eines Verdunstungsprozesses

Teilchen mit ausreichend hohen Geschwindigkeiten sind in der Lage den Bindungskräften der Flüssigkeit zu entkommen und damit von der Flüssigkeitsphase in die Gasphase überzugehen (Verdunstung)!

Kühlwirkung

Noch ein weiterer Effekt ist im Zusammenhang mit dem Verdunsten von Flüssigkeiten erklärbar. Da der Flüssigkeit durch die Verdunstung nun Teilchen mit hohen Geschwindigkeitsanteilen fehlen, sinkt in der Flüssigkeit die mittlere kinetische Energie und damit die Temperatur. Die Flüssigkeit kühlt während der Verdunstung also ab! Dies sorgt bspw. beim Schwitzen für den kühlenden Effekt, wenn der Schweiß auf der Haut verdunstet.

Dieses Phänomen kann relativ einfach nachgeprüft werden. Taucht man den Messfühler eines Thermometers in Wasser mit Umgebungstemperatur und nimmt diesen anschließend ohne Abtrocknen heraus, so wird man sehr schnell ein Absinken der Temperatur unterhalb der Umgebungstemperatur feststellen (siehe Video unten). Dieser Sachverhalt ist auch dafür verantwortlich, weshalb man mit nasser Haut rascher friert als mit trockener Haut.

Video: Kühleffekt während der Verdunstung