Gemäß des Bohrschen Atommodells bewegen sich Elektronen auf diskreten Schalen um den Atomkern (diskrete Energieniveaus).

Das Rutherfordsche Atommodell liefert in vielen Fällen eine sehr gute Erklärung über die physikalischen Vorgänge in Stoffen. Manche Phänomene können mit dieser Atomvorstellung jedoch nicht erklärt werden. Beispielsweise können manche Atome nur dann zum Leuchten angeregt werden, wenn diese mit Teilchen bestimmter Energie beschossen werden. Ist die Energie nur leicht geringer, so ist plötzlich kein Leuchten mehr zu verzeichnen (eindrucksvoll zu sehen im sogenannten Franck-Hertz-Versuch).

Der Physiker Niels Bohr vermutete, dass dieses Verhalten etwas mit der Elektronenhülle zu tun haben muss. Deshalb erweiterte er das Atommodell von Rutherford vor allem im Hinblick auf die Atomhülle. Er postulierte, dass sich die Elektronen nur auf ganz bestimmten Bahnen um den Atomkern bewegen können, vergleichbar mit der Planetenbewegung um die Sonne. Er nannte diese Bahnen Schalen. Aus diesem Grund wird die Modellvorstellung nach Bohr auch als Schalenmodell bezeichnet.

Jede Schale entspricht dabei einem ganz bestimmten Energiewert des Elektrons (auch als Energiezustand oder Energieniveau bezeichnet). Ein Elektron kann keinen Energiezustand einnehmen der zwischen zwei Schalen liegt, da sich dort kein Elektron aufhalten kann. Je weiter weg sich die Schale vom Atomkern befindet, desto energiereicher ist der Zustand eines dort befindlichen Elektrons (höheres Energieniveau). Dies ist die erste Neuerung in der Atomvorstellung, die Bohr als Postulat formulierte:

Elektronen bewegen sich nur auf diskreten Schalen um den Atomkern, die jeweils ein bestimmtes Energieniveau repräsentieren.

Bohrsches Atommodell (Schalenmodell)
Abbildung: Bohrsches Atommodell (Schalenmodell)

Abbildung: Bohrsches Atommodell (Schalenmodell)

Als Postulat bezeichnet man einen Grundsatz, auf dessen Grundlage eine Theorie aufbaut!

Mit Hilfe dieser Vorstellung kann schließlich nachvollzogen werden, weshalb Atome nur bestimmte Energiemengen aufnehmen. Eine solche Energieaufnahme wird auch als Absorption bezeichnet. Das Absorbieren der Energie kann nur dann geschehen, wenn die Energiezufuhr mindestens so groß ist, damit ein Elektron von seiner aktuellen Schale auf die nächst höhere „angehoben“ werden kann. Da keine Energiezustände zwischen zwei Schalen existieren, kann bei geringeren Energiemengen auch kein Elektron auf eine nächst höhere Schalen gebracht werden. Die zugeführte Energiemenge wird nicht vom Atom bzw. von den Elektronen absorbiert. Das Atom bleibt dann in seinem energieniedrigsten Zustand, den man auch als Grundzustand. Der Zustand eines Atoms nachdem ein oder mehrere Elektronen auf ein höheres Energieniveau gebracht wurden, bezeichnet man hingegen als angeregten Zustand.

Umgekehrt können beim „Herabfallen“ eines Elektrons auf ein niedrigeres Energieniveau (d.h. auf eine weiter innenliegende Schale) auch nur wieder diskrete Energiepakete abgegeben werden. Der Vorgang der Energieabgabe wird auch Emission genannt (engl. to emit = abgeben). Die abgegebene Energie entspricht gerade der Differenz im Energieniveau der beiden Schalen. Diese Energie wird dabei in Form von Strahlung abgegeben (Photonen genannt).

Auf diese Weise kann bspw. erklärt werden weshalb Quecksilber ein ganz bestimmtes Energiespektrum abstrahlt, zu dem ganz bestimmte Wellenlängen (Farben) im Lichtspektrum gehören. Die untere Abbildung zeigt hierzu das emittierte Spektrum einer Quecksilberdampflampe. Zusehen ist, dass nur bestimmte Wellenlängen abgestrahlt werden. Es treten also nur diskrete Energiesprünge auf. Dies entspricht den Sprüngen der Elektronen von einer energetisch höheren zu einer energetisch niedrigeren Schale. Aufgrund der scharf begrenzten Linien im Spektrum, spricht man auch von einem Linienspektrum.

Linienspektrum einer Quecksilberdampflampe
Abbildung: Linienspektrum einer Quecksilberdampflampe

Dies liefert also eine weitere wichtige Erkenntnis der neuen Atomvorstellung nach Bohr:

Beim Übergang eines Elektrons von einer äußeren Schale auf eine kernnähere Schale wird ein Photon emittiert. Dabei entspricht die Energie des Photons der Energiedifferenz der beiden Schalen. Energiereiches Licht hat dabei eine kürzere Wellenlänge als energieärmeres Licht.

Absorption und Emission
Abbildung: Absorption und Emission

Anmerkung: Die stets diskret portionierte Energie beim Übergang eines Elektrons zwischen zwei Schalen wird auch als Quant bezeichnet und der Energiesprung entsprechend als Quantensprung. Das Bohrsche Atommodell beinhaltet also bereits Grundzüge der Quantenphysik.

Das Bohrsche Atommodell ist zwar eine Weiterentwicklung des Rutherfordschen Atommodells, jedoch enthält auch dieses einige Schwachpunkte. So handelt es sich bei der gedachten kreisförmigen Elektronenbewegung um den Kern um eine beschleunigte Bewegung. Eine solche beschleunigte Bewegung müsste bei elektrisch geladenen Teilchen jedoch zu einer Energieabstrahlung führen. Somit sollten die Elektronen bereits nach kurzer Zeit keine Energie mehr besitzen, um sich auf einer Kreisbahn zu halten. Die Folge wäre, dass die Elektronen in den Kern stürzen und das Atom zerfällt. Da dies in der Realität offensichtlich nicht der Fall ist, musste Bohr ein weiteres Postulat aufstellen, welches jedoch der alltäglichen Erkenntnis widerspricht:

Die Bewegung der Elektronen auf den Schalen erfolgt strahlungsfrei.

Aufgrund der verschiedenen Energiezustände der Schalen machte Bohr auch eine Aussage über die Verteilung der Elektronen auf den jeweiligen Schalen. So können auf der innersten Schale, die er K-Schale nannte, maximal zwei Elektronen Platz haben. Auf der nachfolgenden Schale, der L-Schale, finden sich maximal 8 Elektronen wieder. Auf der folgenden M-Schale 18 Elektronen und der N-Schale insgesamt 32 Elektronen, usw.:

  • 1. Schale (K-Schale): 2 Elektronen
  • 2. Schale (L-Schale): 8 Elektronen
  • 3. Schale (M-Schale): 18 Elektronen
  • 4. Schale (N-Schale): 32 Elektronen
  • 5. Schale (O-Schale): 50 Elektronen
  • 6. Schale (P-Schale): 72 Elektronen
  • 7. Schale (Q-Schale): 98 Elektronen

Die maximale Anzahl \( N_{max} \) an Elektronen auf einer bestimmten Schale kann durch nachfolgende Gleichung ermittelt werden, wobei \(n \) der Schalennummer entspricht:\begin{equation}
\boxed{N_{max} = 2 \cdot n^2 } \\[5px]
\end{equation}

Die Besetzung der Schalen mit Elektronen erfolgt immer ausgehend des energieärmsten Zustand bzw. der energieärmsten Schale. Das Magnesiumatom mit seinen insgesamt 12 Elektronen besetzt somit auf der K-Schale 2 Elektronen und auf der L-Schale 8 Elektronen. Diese Schalen sind nun voll besetzt, sodass die letzten beiden Elektronen auf der M-Schale Platz finden. Die Elektronen auf einer nicht vollbesetzten Schale (hier: die beiden Elektronen auf der M-Schale) werden auch Außenelektronen oder Valenzelektronen genannt. Die Schale selbst wird als Valenzschale bezeichnet. Die Valenzelektronen auf der äußersten Schale bestimmen maßgebend die chemischen Eigenschaften des Atoms und sind auch für die Stellung des Elements im Periodensystem verantwortlich.

Magnesiumatom im Schalenmodell
Abbildung: Magnesiumatom im Schalenmodell

Die äußerste Schale wird Valenzschale genannt und die darin befindlichen Elektronen werden als Valenzelektronen bezeichnet. Chemische Eigenschaften werden hauptsächlich durch die Anzahl der Valenzelektronen beeinflusst!

Beachte, dass die maximale Anzahl an Elektronen auf einer Schale nicht gleichzeitig bedeutet, dass ein Atom auch so viele Außenelektronen besitzen kann! Denn nicht immer zeigt sich eine so einfache Besetzungsregel wie im Falle des Magnesiumatoms. Es wird teilweise auch eine neue Schale angefangen (die dann die Außenelektronen bilden) obwohl die darunterliegende noch nicht voll besetzt ist. Dies zeigt sich bspw. im Falle des Calciumatoms. Während die Valenzschale zwei Elektronen beinhaltet, ist die darunterliegende M-Schale lediglich mit 8 Elektronen gefüllt und nicht mit der maximal möglichen Besetzung von 18 Elektronen.

Calciumatom im Schalenmodell
Abbildung: Calciumatom im Schalenmodell

Es müssen der Auffüllung der Schalen also noch weitere Einflüsse zugrunde liegen, die mit dem Bohrschen Atommodell bisher nicht erklärt werden können. Zudem zeigen experimentelle Befunde, dass die Einteilung der Elektronenbahnen in die oben genannten Schalen zu einfach gedacht war. Denn in einigen Experimenten stellte man auch energetische Strahlungsübergänge fest, die zwar ebenfalls diskret waren, aber zwischen den Energieniveaus der oben genannten Schalen lagen. Es musste also eine feinere Einteilung der Schalen geben. Auch die Frage, wie und weshalb Elemente chemische Verbindungen eingehen, kann mit dem Bohrschen Atommodell nicht erklärt werden. Der Physiker Sommerfeld lieferte hierzu eine wichtige Weiterentwicklung des Bohr’schen Atommodells (Sommerfeld-Erweiterung).