Erfahren sie in diesem Artikel, warum ein See im Winter immer von oben zufriert.

Die Dichteanomalie des Wassers hat eine existenzielle Bedeutung für das Leben auf der Erde. Genauer gesagt: für das Leben unter Wasser. Aufgrund der Dichteanomalie bilden sich in stillen Gewässern jeweils Wasserschichten mit unterschiedlichen Temperaturen. Diese Temperaturschichtung kommt aufgrund der unterschiedlichen Wasserdichte zustande, die durch die entsprechende Temperatur bedingt sind. Dabei sinkt das schwere Wasser nach unten und leichteres Wasser steigt nach oben auf. Hierbei sind die Übergänge zwischen den einzelnen Temperaturschichten natürlich fließend. Da Wasser bei 4 °C die größte Dichte aufweist und damit am schwersten ist, wird sich dieses zunächst auch am Gewässergrund ansammeln (Grundschicht).

Temperaturschichtung eines Sees im Sommer

Im Sommer werden sich die wärmeren Wasserschichten aufgrund der geringeren Dichte über der 4 °C kalten Grundschicht anordnen. Durch die abnehmende Dichte mit steigender Temperatur wird die Wassertemperatur folglich zur Wasseroberfläche hin stetig zunehmen. Während bei tiefen Gewässern im Sommer also die Wasseroberfläche je nach Sonnenintensität relativ stark erwärmt sein kann, wird sich das Wasser am Gewässergrund in der Regel nicht über 4 °C erwärmen.

Animation: Temperaturschichtung eines Sees aufgrund der Dichteanomalie

Dies ist insbesondere in sehr tiefen oder stillen Gewässern der Fall, in denen kaum Strömungen auftreten, die zu einem Durchmischen der Schichten führen. Sollte bei geringen Wassertiefen oder längeren Hitzeperioden die Temperatur der Grundschicht über 4 °C steigen, dann wird sich jene Wasserschicht mit der niedrigsten Temperatur am Boden ansammeln und wärmere Wasserschichten sich auf dieser befinden.

Im Herbst wird sich das Gewässer schließlich allmählich abkühlen. Dabei wird die Temperatur der relativ warmen Oberflächenschicht nach und nach sinken. Somit wird das Temperaturgefälle zur Wassergrundschicht hin immer geringer. Schließlich haben sich die Temperaturen der unterschiedlichen Wasserschichten irgendwann angeglichen. Es stellt sich früher oder später für kurze Zeit ein einheitliches Temperaturniveau von 4 °C über das gesamte Gewässer hinweg ein.

Temperaturschichtung eines Sees im Herbst
Abbildung: Temperaturschichtung eines Sees im Herbst

Dies wird auch dann der Fall sein, wenn sich das Gewässer im Sommer durchweg auf bspw. 5 °C erwärmt haben sollte. Dabei wird sich bei Abkühlung zunächst ein einheitliches Temperaturniveau von 5 °C bilden. Bei weiterer Abkühlung an der kühlen Umgebungsluft kann sich zwar kurzfristig an der Oberfläche eine 4 °C Schicht ergeben. Diese wird sich dann allerdings aufgrund ihrer größeren Dichte im Vergleich zu den darunter befindlichen Wasserschichten absenken. Die wärmeren Schichten werden damit an die Wasseroberfläche gedrängt und kühlen ebenfalls ab. Schließlich ergibt sich auch in einem solchen Fall über kurz oder lang ein einheitliches Temperaturniveau von 4 °C über das gesamte Gewässer hinweg.

Kühlt im Winter das 4 °C kalte Wasser nun weiter aus, so werden sich diese kälteren Schichten allerdings nicht mehr absenken bzw. am Gewässergrund ansammeln. Denn aufgrund der Dichteanomalie sind jene Wasserschichten die kälter als 4 °C wiederum leichter bzw. besitzen eine geringere Dichte. Dabei gilt in diesem Temperaturbereich zwischen 4 °C und 0°C: Umso kälter die Wasserschicht, desto leichter wird diese im Vergleich zu den wärmeren Schichten sein. Dies ist die eigentliche Dichteanomalie des Wassers, da es sich beim Abkühlen nun nicht mehr weiter zusammenzieht, sondern plötzlich wieder ausdehnt.

Folglich werden sich im Winter nun nicht mehr wie im Sommer die wärmeren Wasserschichten an der Oberfläche ansammeln, sondern die kälteren Wasserschichten! Schließlich wird auch an der Oberfläche als erstes die Erstarrungstemperatur von 0°C erreicht bzw. unterschritten. Damit gefriert das Gewässer stets von der Wasseroberfläche her zu.

Temperaturschichtung eines Sees im Winter
Abbildung: Temperaturschichtung eines Sees im Winter

Ist das Gewässer tief genug, so wird die Kälte in der Regel nicht bis in die tiefen Schichten eindringen und das Gewässer somit auch nicht vollständig gefrieren (Beachte, dass Wasser ein sehr schlechter Wärmeleiter ist!). In den tieferen Schichten bleibt das Wasser in der Regel also flüssig bei rund 4 °C. Dass ein Gewässer aufgrund der Dichteanomalie also von oben zufriert und somit in der Regel nicht vollständig gefriert, sichert schließlich den darin befindlichen Tieren das Überleben.

Ohne Dichteanomalie würden die kalten Wasserschichten im Winter stets absinken und die wärmeren Schichten an die Oberfläche verdrängen. Es käme zur raschen Abkühlung des Gewässers bis hin zur vollständigen Erstarrung. Die Fische in solchen Gewässern würden nicht überleben.